„Wölpse“ – ein Ausflug in die Vergangenheit
Wie sich bei „über mich“ erahnen läßt, ich war lange Zeit ein ganz guter Caster. Das Werfen mit Spinn- bzw. Fliegenrute auf Ziele im Trockenen wurde bei uns im Verein schon lange recht erfolgreich betrieben. So kam es natürlich dazu, das unsere Mannschaft sehr oft zu irgendwelchen Meisterschaften (Kreis-Bezirk-DDR) reiste. Es hat natürlich sehr viel Spaß gemacht, wir erlebten viel, lernten Land und Leute kennen und hatten überall gute Freunde gefunden, außer in Thüringen! Wieso? In Gera war ein Trainingszentrum das sehr viel Unterstützung erfuhr und auch Welt-und Europameister produzierte. Aber nicht nur weil sie viel besser als wir waren, mochten wir sie nicht. Mit unseren nördlichen Nachbarn, den Rostockern und Neubrandenburgern waren wir uns einig das wir mit diesen arroganten Schluchtenjodlern nie klar kommen werden, nicht mal unsere Mädchenmannschaft, die ja alles“schau“ fanden. Aber auch sie mochten uns nicht wirklich und so gingen wir uns im allgemeinen aus dem Weg. Im Casting hatten wir keine Chance gegen sie, aber natürlich waren wir die besseren Angler und überhaupt kannten wir uns in der Natur deutlich besser aus. Unsere Unterkünfte waren meist Ferienlager,Schulen oder Ähnliches, oft in der Nähe von Stadien bzw. Sportplätzen, einmal auch zusätzlich in der Nähe eines Gewässers. Da ging natürlich das Angelfieber mit uns durch. Ein bißchen Material um unsere Turnierruten umzubauen hatten wir immer dabei und das war auch schnell erledigt. Aber Köder, wo bekommen wir Köder her. Die einzige Möglichkeit war der Rasen auf dem Sportplatz und eine Taschenlampe. Gesagt und getan-wir fanden des Nachts im Schein der Lampen ein paar Würmer zum Angeln, super! Unseren Sportfreunden aus Gera war diese Praktik gänzlich unbekannt, sie waren ja auch keine Angler die sich am Wasser rumtreiben. Als sie am nächsten Tag fragten ob wir was verloren hätten, weil wir des nachts mit Lampen den Sportplatz absuchten, hatten wir einen super Einfall. Wir fragten ob sie nicht gesehen hätten, das der Rasen auf ca 5 cm geschnitten war und sich abends die Feuchtigkeit auf das Gras legte, also die besten Voraussetzungen um „Wölpse“ zu fangen. Es gab natürlich fragende Blicke und wir erklärten ihnen, das es hier walzenförmige Felltiere gibt die bei festem, feuchtem und kurzgeschnittenem Rasen des Nachts aus ihren unterirdischen Höhlen kommen. Man kann sie bei nassem Rasen relativ leicht fangen, weil sie auf diesem Untergrund immer ausrutschen und nicht richtig vorwärts kommen. Man kann sie zu Hause wie Kaninchen halten und später das Fell verkaufen! Weil wir ja bekannterweise DIE Naturburschen waren, kauften sie uns wohl die Geschichte ab.Am Nachbartisch saßen die teterower Mädels und mußten sich auf die Zunge beißen, sie spielten auch eine wichtige Rolle beim Gelingen des Spaßes, verbreiteten sie doch die Geschichte in den anderen Mannschaften. Jedenfalls wurde es Abend und dunkel.
An diesem Abend war es hinter fast allen Fenstern dunkel. Wie erwartet erschienen bald ein paar Gestalten mit einem großen Karton und Taschenlampen auf dem Sportplatz und begannen ihn ab zu suchen, wahrscheinlich wohl nach walzenförmigen Felltieren. Kurz darauf gingen die Lichter hinter den vielen Fenstern an und ein Lachen und Gejohle aus 200 Kehlen war die Belohnung für die ergebnislose Suche. Sie sprachen vorerst nicht mehr mit uns und Jahre später wurden sie abends auf der Disco noch gefragt ob es nicht Zeit wäre auf den Sportplatz zu gehen!? Auch wir erinnern uns noch gern und fragen uns gegenseitig vor dem nächtlichen Aalangeln ob es wohl auf WÖLPSE gehen soll !?
PETRI